Direkt zum Inhalt

BFH verwirft Sanierungserlass des BMF

veröffentlicht am 07. Februar 2017

Beschluss des Großen Senats vom 28.11.2016 - GrS 1/15

Der Große Senat des Bundesfinanzhofs hat mit Beschluss vom 28.11.2016 den Sanierungserlass des Bundesministeriums der Finanzen (BMF) wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung verworfen.

Pressemitteilung des Bundesfinanzhofs mit weiteren Informationen zum Beschluss

Diese Entscheidung des BFH dürfte von grundlegender Bedeutung für insolvenzgefährdete Unternehmen werden.

Seit dem die Regelung des § 3 Nr. 66 EStG a.F. aufgehoben wurde, sind Sanierungsgewinne grundsätzlich steuerbar. Das Bundesministerium der Finanzen (BMF) hat daher im Rahmen des so genannten Sanierungserlasses für eine Regelung gesorgt, die derjenigen, die seinerzeit gesetzlich normiert war, nahezu entspricht.

Im Streitfall war der Kläger mehrere Jahre als Einzelunternehmer tätig gewesen und hatte Verluste erzielt. Im Jahre 2007 verzichteten diverse Gläubiger auf Forderungen. Das zuständige Finanzamt (FA) berücksichtigte im Rahmen der steuerlichen Veranlagung auch die Forderungsverzichte und setzte eine entsprechende Einkommensteuer fest, wogegen sich der Kläger wandte.

Einer Anwendung des Sanierungserlasses stand nach Auffassung des FA insbesondere entgegen, dass der Kläger sanierungsgeeignet sei. Er hatte auch im Folgejahr einen Verlust erzielt. Die Klage zum Finanzgericht (FG) hatte keinen Erfolg, im Revisionsverfahren vor dem BFH entschied der Große Senat (GrS) über die Wirksamkeit des Sanierungserlasses.

Dieser verstößt nach Auffassung des GrS gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die gesetzgeberische Entscheidung gehe ausdrücklich dahin, Sanierungsgewinne der Einkommen- und Körperschaftsteuer zu unterwerfen. Dies ergebe sich aus der Streichung der Steuerbefreiung nach § 3 Nr. 66 EStG a.F.

Die Entscheidung der Verwaltung, die Sanierungsgewinne entgegen der gesetzgeberischen Entscheidung unter ähnlichen Voraussetzungen von der Besteuerung auszunehmen, verstoße gegen den Grundsatz der Gesetzmäßigkeit der Verwaltung. Die Regelungen schafften Möglichkeiten eines Steuererlasses außerhalb der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Vorschriften der §§ 163 und 227 AO. Das BMF nehme so eine strukturelle Gesetzeskorrektur vor, die sowohl verfassungsrechtliche als auch einfachrechtliche Normen verletze.

Der Beschluss hat weitreichende Folgen. Die Sanierung eines insolvenzgefährdeten Unternehmens im Wege weitreichender Forderungsverzichte kann nur unter Beteiligung des Steuergläubigers überhaupt erfolgreich sein. Die Entscheidung des Großen Senats bedeutet nicht, dass Billigkeitsmaßnahmen zur Vermeidung der Besteuerung in Sanierungsfällen grundsätzlich ausgeschlossen sein sollen. Allerdings wird zukünftig eine Einzelfallprüfung im Hinblick auf das Vorliegen von Billigkeitsgründen erfolgen müssen.